Persönliche Anmerkungen zum Jahresanfang
In den wenigen Wochen des neuen Jahres sind in der Kommunalpolitik wieder die „ersten Säue durchs Dorf getrieben worden“. Jochen Bilstein, Fraktionsvorsitzender der SPD Wermelskirchen, nimmt zu den aktuellen Themen Stellung:
Die WNK und ihre Fragen
Das wird doch wohl noch fragen dürfen. Ja, Fragen sind erlaubt und oftmals wichtig. Es gibt aber auch Fragen, die weniger der Antworten als vielmehr der publizistischen Wirkung wegen gestellt werden. Da geht es mehr um Erregung in der Öffentlichkeit, da wird mit der Anfrage etwas unterstellt, was für viele Leser erkennbar mitschwingt, da ist ein ehrliches Erkenntnisinteresse nicht erkennbar. Zu Fragestellern mit solchen Motiven gehören oftmals ganz sicher Politiker der WNK. Wollten sie vor einigen Monaten Genaueres über junge unbegleitete Flüchtlinge wissen, fragt jetzt ein sachkundiger Bürger der WNK nach der Personalfluktuation in der Feuerwehr, differenziert nach den Gründen für Austritte etwa aus der Freiwilligen Feuerwehr. Wer weiß nicht, wie sensibel Personalangelegenheiten sind, auch bei der Feuerwehr. Wenn es Gründe für die Fragen gibt, sollte man sie deshalb erst einmal nichtöffentlich stellen, wie auch im Fall der jungen Flüchtlinge. Besteht dann wirklich ein zwingendes öffentliches Interesse an einer öffentlichen Aussprache, ist das ja anschließend möglich und vielleicht sogar notwendig.
Über die Öffentlichkeit nichtöffentlicher Sitzungen
Es gibt Gremiensitzungen im Wermelskirchener Rathaus wie in jedem anderen in unserer Republik, die sind nichtöffentlich. Und das aus gutem Grund. Da geht es nicht um Geheimniskrämerei, sondern um schützenswerte Interessen Dritter oder die Notwendigkeit, komplexe Themen zuerst ohne Öffentlichkeit zu diskutieren. Die Anwesenheit aller im Rat vertretenen Parteien gewährleistet in diesen Fällen Transparenz. Wenn aber permanent gegen die Verschwiegenheitspflicht verstoßen wird, sollten die Sitzungen generell öffentlich sein, weil die Durchstecher in der Regel nur das verbreiten, das ihren politischen Interessen nützt. Das betrifft aktuell das im nichtöffentlichen Teil der jüngsten Ratssitzung verhandelte Thema „gegenläufiger Radverkehr“. Sicher ist das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht öffentlich. Das gilt jedoch nicht für die Debatte über die Beurteilung der Chancen durch den Rechtsvertreter der Stadt.
Gerne hätte ich die Vertreter von CDU, WNK und BüFo gefragt, warum man die Unterstützung einer der angesehensten Anwaltskanzleien im Verwaltungsrecht teuer in Anspruch nimmt, um dann ihre glasklare Empfehlung, auf eine Fortsetzung des Klageverfahrens zu verzichten, in den Wind zu schießen. Wenigstens ehrlich ist die Antwort des CDU Fraktionsvorsitzenden, der es lieber hat, wenn in der Causa die Verwaltungsrichter die unangenehme Nachricht vom gegenläufigen Radverkehr verkünden. So sieht politischer Mut aus. In aller Breite wurde ebenfalls aus dem nichtöffentlich tagenden Arbeitskreis Bäder über die Planungen für ein neues Hallenbad berichtet, bevor überhaupt die gewählten Vertreter des Rates davon Kenntnis hatten. Da hat mein Kollege Norbert Galonska Recht, dann sofort öffentlich.
Vom Griff in die Taschen der Bürger
Es ist das gute Recht der Presse, die Erhöhung von Steuern und Gebühren einen immer tieferen Griff in die Taschen der Bürger, die „bluten“ müssen, zu nennen. Mit dem gleichen Recht darf man dem Journalisten aber auch vorwerfen, mit solchen Begriffen zu verkürzen, um was es im noch nicht einmal diskutierten, geschweige denn mehrheitlich beschlossenen Haushaltplan 2019/20 überhaupt geht.
Nachdem unter dem früheren Bürgermeister die Verwaltung der Stadt fast kaputt gespart wurde und ihren Aufgaben und öffentlichen Infrastrukturen, die alle Bürger nachfragen, mangels Personal und fehlender Angebote nicht mehr nachkommen konnte, wichtige Investitionen etwa in den Altbestand an Gebäuden wie in neue Projekte kaum angegangen wurden, hängt die Zukunftsfähigkeit unserer Stadt in den kommenden Jahren wesentlich davon ab, sie als Wohn- und Gewerbestandort attraktiver zu machen. Dabei geht es nicht um die Zielmarke von 40.000 Einwohnern, die manche im Blick haben, als vielmehr darum, überhaupt unsere Einwohnerzahl in den kommenden Jahren durch Zuzug überhaupt zu halten. Das schafft man allein mit den Methoden der „schwäbischen Hausfrau“ nicht.
Weil die Stadt auf der Einnahmeseite im Wesentlichen nur von Gebühren und Steuern profitiert, gehören Erhöhungen zum Werkzeug von Verwaltung und Politik. Dabei ist sicher Augenmaß gefordert, den Konflikt mit den durch Erhöhung belasteten Bürgern entgeht man dabei allerdings nicht. Ihm muss man sich stellen und ihn aushalten.
Die Zukunft der Anliegergebühren
Was die Anliegergebühren angeht: Ich persönlich unterstütze den Antrag der SPD – Landtagsfraktion, die Kosten für Straßensanierung und -ausbau vom Land finanzieren zu lassen, wie es in Baden Württemberg seit langem und in anderen Bundesländern praktiziert wird. Ob im Ergebnis der Diskussion ein Kompromiss steht, wie er beispielsweise von der örtlichen FDP Fraktion gemacht wird, habe ich sehr wohl gehört und halte diesen Vorschlag für durchaus diskussionswürdig.
Zukunft
Eine Anmerkung am Schluss. „Zukunft“ wird in der Wermelskirchener Politik das Wort der nächsten beiden Jahre. Zu Recht, möchte man sagen, wer hat schon was gegen Zukunft. Aber aufgepasst: Der Begriff beschreibt den Unterschied zu Vergangenheit und Gegenwart. Was er jedoch nicht deutlich macht, ist, welche Zukunft gemeint ist. Deshalb Vorsicht, Bürgerinnen und Bürger, die Sie ja auch Wählerinnen und Wähler sind. Achten Sie darauf, ob das Wort nicht zu einer bloßen Wahlkampffloskel verkommt.
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