Schreiben an den SPD Bundesparteivorstand

An den
Bundesparteivorstand der SPD
Verehrte Genossinnen und Genossen,
was wollt ihr uns noch antun?
- Monate der Agonie und des Streits einer Ampelkoalition,
- einen Wahlkampf, der nicht wegen des Wetters an die Substanz ging, sondern wegen eines Kanzlerkandidaten, dessen Kampf um weitere 4 Jahre im Kanzleramt von Anfang an aussichtslos war
- ein Wahlergebnis, so schlecht wie nie zuvor, – nur getoppt durch die gegenwärtigen 13% –
- ein Parteitag, der nicht den Mut zu einer offenen Auseinandersetzung mit den Fehlern des Spitzenpersonals hatte, sondern im Geheimen Rache am Vorsitzenden übte und
- schließlich der Bruch eines Versprechens gleich zu Beginn des Regierungsneuanfangs, der besonders große Teile unserer Klientel betrifft. Dabei geht es nicht um die Frage, ob eine Senkung des Strompreises angesichts der Haushaltlage vertretbar ist oder nicht, sondern darum, dass niemand der SPD – Regierungsmitglieder aus den Erfahrungen der Vorjahre, wie verheerend die Rücknahme von Versprechen ist, gelernt hat.
Gerade hat ein Genosse nach 50 Jahren Mitgliedschaft sein Parteibuch zurückgegeben. Er schreibt, dass er sich diesen Schritt nicht hätte vorstellen können, „denn ich bin mit der SPD groß geworden.“ Eine weitere Mail erreichte uns am gleichen Tag: „Ich habe 40 Jahre SPD gewählt und war nie mit allen Entscheidungen einverstanden, aber mit dieser Entscheidung (er meint die Stromsteuerentscheidung J.B.) ist für mich endgültig Schluss mit der SPD.“
Am 14. September finden in NRW die Kommunalwahlen statt. Entgegen allen Befürchtungen aus der Vergangenheit haben wir uns für den Wahlkampf von der neuen Koalition und vor allem ihren SPD – Mitgliedern einen Schub erhofft. Das können wir jetzt wohl vergessen. Wir müssen ab jetzt im Wahlkampf den Menschen immer wieder erklären, dass die Wermelskirchener SPD in ihrem Handeln und Versprechen nicht die Berliner Regierungs – SPD ist. Das wird sehr schwer werden.
Der Bundesvorsitzende hat sinngemäß in einer Rede die wohl rhetorisch gemeinte Frage gestellt, ob die SPD in der Zukunft noch erforderlich ist. Diese Frage könnte in nicht allzu ferner Zukunft von den Wählern, vor allem den jungen, beantwortet werden. Die Zustimmungsraten in NRW wie im Bund sind erbärmlich. Viel Zeit und viele Gelegenheiten, das Ruder herumzureißen, haben wir nicht mehr. Es gibt keine Garantie für das Überleben einer Partei, mag sie noch so alt und traditionsreich sein.
Jochen Bilstein (Fraktionsvorsitzender) Michael Faubel (Ortsvereinsvorsitzender)